Die Masdascher Flüchtlingshilfe informiert (11) – Oktober 2017

Die größte Veränderung für die Flüchtlingsarbeit in Mastershausen seit drei Jahren steht bevor, denn die Verbandsgemeinde Kastellaun wird die Flüchtlingsunterkunft in Mastershausen voraussichtlich zum Jahresende schließen. Das kommt nicht ganz überraschend. Denn zum einen leben zurzeit „nur“ noch fünf Männer in der „Alten Mädchenschule“, die ja Platz für zwölf Asylbewerber bietet. Zum anderen hatte die „Masdascher Flüchtlingshilfe“ selbst angekündigt, dass sie nicht weitere Asylsuchende betreuen könnte, sollten diese nach Mastershausen eingewiesen werden. So sehen wir der Schließung der „Alten Mädchenschule“ mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Lachend, weil wir hoffen, dass der immense Arbeitsaufwand, der durch die Betreuung der Bewohner anfällt, dann etwas reduziert werden wird. Weinend, weil sich ja zu den Flüchtlingen inzwischen ein geradezu familiäres Verhältnis eingestellt hat, und wir fürchten, dass es ihnen in Kastellaun schlechter gehen könnte als hier. Wir werden allerdings auch dann, wenn unsere Schützlinge in Kastellaun leben, uns weiter um sie kümmern, das haben wir ihnen versprochen.

Und das sind die Neuigkeiten aus den letzten 5 Monaten:

Die Melat hat am 23. Juni 2017 ein Kind zur Welt gebracht, das den Namen Isaak Yared trägt. Drei oder viermal schien es zuvor schon so weit zu sein, dass die Geburt bevorstand. Drei oder viermal war die Melat im Krankenhaus. Doch immer war es verfrühter Alarm. Und dann war der Junge so groß geworden, dass nur noch ein Kaiserschnitt übrig blieb.

Yared, Melat und Isaak Yared

Yared, Melat und Isaak Yared

Vorausgegangen war Anfang Mai noch der Umzug der Melat nach Mastershausen. Sie war ja Anfang Mai mit dem Yared, dem Vater des Kindes, zusammengezogen und wohnt seitdem in der Mittelstraße, genau gegenüber der „Alten Mädchenschule“. Die Wohnung in Kastellaun war inzwischen gut ausgestattet gewesen. Aber die Möblierung der Wohnung in Mastershausen war dann doch wieder mit viel Arbeit für die Helfer verbunden, zum Beispiel durch den Einbau einer neuen (gebrauchten) Küche. Gut, dass die Firma Rauch, vertreten durch Michel Scheer, dem jungen Paar schon vorher zwei neue Betten mit Lattenrosten und Matratzen sowie einen großen Kleiderschrank gestiftet hatte. – Inzwischen hat der Yared einen Kurs mit dem Ziel des Hauptschulabschlusses begonnen, der ganztägig in Ohlweiler stattfindet und bei dem sowohl Spracherwerb als auch praktische Fertigkeiten trainiert werden. Der Kurs dauert bis zum Juni des kommenden Jahres. Der Yared hat übrigens den B-1-Kurs bestanden!

Im Mai wurde an dieser Stelle noch berichtet, dass in die Flüchtlingsunterkunft drei neue Männer eingezogen sind: Rafi aus Afghanistan, 26 Jahre alt, Rashid aus Pakistan, 34 Jahre alt und Awais aus Pakistan, 20 Jahre alt. Dem Rashid hatte die Ausländerbehörde ein Gespräch angeboten, in dem es um die freiwillige Rückkehr Rashids nach Pakistan gehen sollte. Aber noch vor diesem Gespräch war Rashid untergetaucht. Nach einigen Tagen erhielten wir dann die Nachricht, dass Rashid von der Polizei in der Nähe von Rosenheim aufgegriffen worden sei und in Abschiebehaft genommen worden sei. Offenbar wollte er nach Italien, um dort einen neuen Asylantrag zu stellen. Rückblickend hat er sich – leider – für den falschen Weg entschieden. Er ist inzwischen nach Pakistan abgeschoben worden. Seine beiden Leidensgefährten, Rafi und Awais, haben beide gegen den Bescheid des BAMF Klage eingereicht. Beide sollten ebenfalls das Land verlassen. Bis die Klage gegen diesen Bescheid vom Gericht entschieden wird, wird aber noch viel Zeit ins Land gehen.

Eine lange Geduldsprobe hatte der Anas zu bestehen. Die Frau Rötsch, Leiterin des Seniorencentrums in Kastellaun, hatte dem Anas ja in Aussicht gestellt, dass er ein einjähriges Praktikum im Seniorencentrum absolvieren könne. Als er dann aber dort beginnen wollte, zeigte sich, dass das Seniorencentrum ihm keine Vergütung anbieten konnte. Das Jobcenter hatte es aber auch abgelehnt, den Anas während des Praktikums zu alimentieren.

Anas

Anas

Inzwischen hatte sich die LEBENSHILFE in Kastellaun aber bereit erklärt, den Anas als BUFDI einzustellen. Vielleicht ist die eine oder der andere von Ihnen dem Anas dort schon begegnet. Als Glücksfall erwies sich diese Anstellung auch insofern, als der Anas begleitend zu seiner Tätigkeit bei der LEBENSHILFE auch noch einen Kurs mit dem Ziel des Hauptschulabschlusses besuchen kann. Dazu fährt er morgens vom Montag bis zum Donnerstag nach Ohlweiler. Und um sein Glück voll zu machen: Der Anas ist inzwischen aus der alten Wohnung an der Bahnhofstraße ausgezogen und in eine schöne, neue Wohnung an der Eifelstraße eingezogen. Auch da waren die Helfer aus Mastershausen wieder stark gefordert. Aber dank ihrer Hilfe hat der Anas jetzt wirklich ein schönes Zuhause. Auch er ist übrigens in den Genuss eines Bettes der Firma Rauch gekommen (siehe Foto). Anfang Oktober hat er mit einem großen „Dinner for 13“ seinen Einstand in der neuen Wohnung gegeben. Und: Er hat die B-2-Prüfung bestanden!

Eine kleine Anekdote: Zum Ende des Ramadan, der in diesem Jahr vom 27. Mai bis zum 24. Juni dauerte, wünschten sich die moslemischen Bewohner der Flüchtlingsunterkunft, aber nicht nur sie, ein Schaf für den Tag des Fastenbrechens. Deswegen hatten sie sich schon überall erkundigt, wo mein ein Schaf kaufen könne und wieviel es koste. Aber zu ihrem Leidwesen mussten sie erfahren, dass ein Schaf, vor allem in geschlachtetem Zustand, viel zu teuer für sie war. Da erbarmte sich der Bürgermeister, Jürgen Schneiders, ihrer. Er habe da, sagte er, noch den „Rudi“ auf der Weide, den wolle er ihnen schenken. Und so kam es dass nicht nur die Bewohner der „Alten Mädchenschule“, sondern auch noch die eingeladenen Helfer ein nach allen Regeln der eritreischen Kochkunst zubereitetes Schaf, eben den „Rudi“, vorgesetzt bekamen. Ein Hoch auf den Jürgen Schneiders und sein Schaf, das er auf seine Kosten auch noch hatte schlachten und zerlegen lassen (siehe Foto) sowie auf die tüchtigen Köche!

Festmahl mit Rudi

Im August jährte sich zum dritten Male die Gründung der „Masdascher Flüchtlingshilfe“. Dazu trafen sich alle Helfer im „Masdascher Hof“ zu einem Abendessen. Zuvor war aber schon mit unseren Schützlingen zusammen bei „Bennersch“ ein Gartenfest gefeiert worden, zu dem immerhin 12 Flüchtlinge und 17 Helfer gekommen waren (s. Foto). Im Rückblick mögen diese drei Jahre manchem der Helfer als ein großes Abenteuer erscheinen. Denn wir alle sind in Situationen geraten, von denen wir uns vorher nichts haben träumen lassen. Aber im Rückblick wurde auch deutlich, dass wir mit den Flüchtlingen, die zu uns gekommen sind, Glück gehabt haben. Es waren fast alles liebenswerte Menschen, bei denen es uns nie gereut hat, uns um sie gekümmert zu haben. Die Flüchtlinge ihrerseits haben uns mit vielen Zeichen der Dankbarkeit immer wieder gezeigt, dass sie unsere Arbeit zu schätzen wussten.

Bei Elke und Michael

Am 3. September wurde ja im Dorf die Quetschekirmes gefeiert. Die „Masdascher Flüchtlingshilfe“ war mit einigen Flüchtlingen und einigen Helfern mit dabei. Die Eritreer, Pakistani und Syrer lauschten mit Erstaunen den Liedern, die von den verschiedenen Chören vorgetragen wurden. Am Ende der Veranstaltung wurde der „Masdascher Flüchtlingshilfe“ dann vom Vorsitzenden des Sportvereins, Joachim Lehnert, eine Spende in Höhe von 250,00 Euro überreicht (siehe Foto). Das war natürlich eine willkommene Unterstützung unserer Arbeit. Denn immer wieder werden für Medikamente, für besondere Arbeitskleidung, für Fahrradreparaturen, für persönliche Notlagen u.a.m. Gelder benötigt.

Joachim Lehnert vom Sportvereinb überreicht der Flüchtlingshilfe eine Spende

Joachim Lehnert vom Sportvereinb überreicht der Flüchtlingshilfe eine Spende

Eine dramatische Situation ergab sich Anfang Oktober. Zwei der Brüder von Abdo (22 und 19 Jahre alt) hatten versucht, Eritrea zu verlassen, um sich dem drohenden (oft lebenslangen) Militärdienst zu entziehen und um im Sudan Arbeit zu suchen. Sie waren aber an der Grenze zum Sudan Kidnappern in die Hände gefallen. Die hielten die beiden Brüder gefangen und erpressten von ihnen Geld. Binnen zwei Wochen sollten sie 6.000,00 Euro zahlen, wenn nicht, dann könne sie das ihr Leben kosten. Die Familie, Freunde und Bekannte in Eritrea hatten schon zusammengelegt, die Mutter hatte ihren Schmuck verkauft, aber es reichte nicht. Auf einen Spendenaufruf der „Masdascher Flüchtlingshilfe“ hin haben sich dann binnen anderthalb Wochen so viele Menschen des Abdo und seiner Brüder erbarmt, dass die geforderte Summe fristgerecht ausgezahlt werden konnte. Das war nicht selbstverständlich, denn die Spenden flossen ja direkt in die Finger von Kriminellen. Aber heute sind beiden Brüder von Abdo frei, das ist das Entscheidende. Und der Abdo ist glücklich. Er schrieb selbst:

Abdo

Abdo

Danke von Abdo

Danke von Abdo

Aus der letzten Zeit ließen sich noch viele Einzelheiten berichten: Über den Shishay, der jetzt ein Praktikum von zwei Monaten bei Frank Liesenfeld absolvierte; über die Ayan, der das Sorgerecht für den Yahya entzogen worden ist und dem Vater übertragen worden ist; über den Mahmoud, der immer noch den Angleichungskurs in der MTA-Schule in Koblenz besucht; über den Rida, der zwar zur Abschiebung vorgesehen ist, aber immer noch in Kastellaun wohnt; über die Yasmin, die jetzt in Neuerkirch lebt und die Schule in Simmern besucht; über die Farah und den Yahye, die in Bad Kreuznach Eltern eines zweiten Kindes geworden sind (Yasmin); über den Moukhtaar und die Deeqa, die für sich und ihr Kind in Kirchberg endlich eine ordentliche Wohnung (mit Betten der Firma Rauch!) gefunden haben; über den Mustafe in Lindau, der sich von der Nimo getrennt hat und jetzt als Küchenhelfer in einem Hotel arbeitet. Mit ihnen allen stehen wir ja nach wie vor in Verbindung. Aber über weitere Begebenheiten zu berichten, würde den Rahmen sprengen.

Zur Situation der Flüchtlinge in unserer Region:

Anfang September war in der Rhein-Hunsrück-Zeitung ein Artikel von Volker Boch unter dem Titel „Bei der Integration bleiben noch Fragen offen erschienen. Dabei ging es um die Entwicklung eines Integrations-Konzeptes, das von der „Arbeitsgruppe Flüchtlingshilfe“, von der „Steuerungsgruppe“ des Kreises und vom „Migrationsbeirat“ gefordert worden war. Boch berichtete, dass die Verwaltung stattdessen ein windelweiches „Leitbild“ vom Kreisausschuss absegnen lassen wollte, dass sie damit aber gescheitert sei. Um eine Abstimmung zu verhindern, war der Tagesordnungspunkt kurzerhand abgesetzt worden. Offenbar versucht die Verwaltung, allen voran der Landrat, ein Integrationskonzept zu verhindern, das konkrete Ziele der Integrationsarbeit enthalten würde samt klarer Zuweisung der Zuständigkeiten samt Evaluationsinstanzen usw.. Das würde ja die Kreisverwaltung binden. Weil sowohl von der „Arbeitsgruppe Flüchtlingshilfe“ des Kreises als auch von der „Steuerungsgruppe“ des Kreises ein solches Konzept gefordert wird, sind diese Gremien inzwischen seit Monaten nicht mehr einberufen worden. Aber sie dienten wohl ohnehin nur dazu, die ehrenamtlichen Helfer ruhig zu stellen. Im Migrationsbeirat war das Thema aber inzwischen erneut auf der Tagesordnung, und vom Migrationsbeirat wurde erneut ein Integrationskonzept gefordert. Nun bleibt abzuwarten, ob nun auch der Migrationsbeirat nicht mehr einberufen wird. Das Verhältnis der ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Flüchtlingsarbeit zum Landrat ist seit Jahren gespannt, weil der Landrat es konsequent verhindert, dass auch nur eines der Flüchtlingsthemen in den Kreistag kommt.

Zum Schluss noch die übliche Einladung: Wer sich vorstellen könnte, bei der „Masdascher Flüchtlingshilfe“ mitzuarbeiten, der soll sich gerne bei einem der Helfer melden oder einfach anrufen: 06545 – 6778.

V.i.S.d.P. Michael Haberkamp