Dezember 2021

Weihnachten steht vor der Tür. Wie in jedem Jahr würden wir den Flüchtlingen, die wir betreuen, gerne ein Geschenk machen, damit sie spüren, dass sie hier zuhause sind. Denn eigentlich alle unsere Schutzbefohlenen gehen davon aus, dass sie nie wieder in ihre ehemalige Heimat zurückkehren können. Die Verhältnisse in Syrien oder in Eritrea oder Somalia lassen das auf lange Sicht nicht zu. Nun ist der Hunsrück ihre neue Heimat geworden. Das sagen viele von ihnen auch. Und zu dieser Heimat gehört auch das Weihnachtsfest, das sie gerne mitfeiern, ob sie nun Christen oder Moslems sind. Damit wir ihnen auch in diesem Jahr wieder ein kleines Geschenk überreichen können, bitten wir um Ihre Spende.

Spenden: Konto-Nummer IBAN: DE21 5876 1343 0023 603 472, BIC: GENODED1BPU, Stichwort „Masdascher Flüchtlingshilfe“. Kassenwart: Josef Peil, Johann-Steffen-Straße 6, 56869 Mastershausen, Ruf 06545-1244. Leider können wir keine Spendenquittungen ausstellen, da wir kein eingetragener, gemeinnütziger Verein sind.

Statt eines Rechenschaftsberichtes über das zu Ende gehende Jahr soll ein Einzelschicksal zeigen, mit welchen Problemen unsere ausländischen Freunde nach wie vor zu kämpfen haben.

Es geht um einen jungen Mann aus Eritrea, dessen Name von uns geändert ist, dessen Bild wir nicht zeigen. Nennen wir ihn Buruk. Buruk kam 2015 nach Deutschland, nach Mastershausen, da war er schon 6 Jahre auf der Flucht. Er hatte in Eritrea dem unbefristeten Wehrdienst entkommen wollen, der staatlicher Zwangsarbeit gleichkommt und manchmal lebenslang andauert. Man kann nur ahnen, was er auf seiner Flucht über Äthiopien, den Sudan, Libyen und Italien alles erlebt hat, sicher nicht nur Gutes. Vier Jahre lang lebte er dann hier in Mastershausen in der alten Mädchenschule, die von der Kreisverwaltung als Flüchtlingsunterkunft angemietet worden war. In Kastellaun besuchte er die Integrationskurse, lernte Deutsch, nahm dann bald schon einen Job als Bauhelfer an, später als Zimmereihelfer. Das alles ließ sich gut an.

Aber er hatte auf seinen Asylantrag hin vom BAMF nur subsidiären Schutz zuerkannt bekommen. Und das hatte Folgen. Er konnte seine Frau und seine Tochter, die nach Äthiopien geflohen waren, nicht nach Deutschland holen. Er konnte sie nicht mal besuchen, weil ihm kein Reiseausweis ausgestellt wurde. Dazu hätte er in der Botschaft von Eritrea erst einen eritreischen Pass beantragen müssen. Buruk weigerte sich aber, die Botschaft des Staates zu betreten, den er unter Lebensgefahr verlassen hatte, weil er diesem Unrechtsregime nicht dienen wollte. Er hätte in der Botschaft eine „Reue-Erklärung“ abgeben müssen, in der er zu Protokoll hätte geben müssen, dass es ein Fehler gewesen sei, Eritrea, seine Heimat, zu verlassen. Und er hätte dann auch noch Steuern für Eritrea zahlen müssen, die sog. Rehabilitations- oder Diasporasteuer in Höhe von zwei Prozent des Einkommens, ganz abgesehen von den horrenden Kosten für einen Pass. Aber ohne National-Pass kein Reiseausweis – so das Ausländeramt in Simmern.

Buruk verzweifelte langsam, weil er keine Möglichkeit mehr sah, Frau und Kind zu besuchen und ihnen zu helfen. Als dann auch noch der Bürgerkrieg in Äthiopien ausbrach und er die Verbindung zu Frau und Tochter verlor, die ausgerechnet in der Provinz Tigray lebten, die vom Krieg besonders betroffen war und ist, sah er keine andere Möglichkeit mehr, als das „gelobte Land“ zu verlassen. Denn das Ausländeramt weigerte sich nach wie vor, ihm einen Pass auszustellen, weigerte sich auch, ihm eine begrenzte Reiseerlaubnis auszustellen, obwohl das in ihrer Macht gestanden hätte. Buruk hatte gehört, dass die Behörde in Frankfurt nicht so rigide wie die des Hunsrück-Kreises sei, kündigte seinen Job und seine Wohnung, packte seine Sachen und versuchte, in Frankfurt Arbeit und Wohnung zu finden.

Wir, die Mitglieder der Masdascher Flüchtlingshilfe, mussten tatenlos mitansehen, wie Buruk seine Wohnung und seinen Job hinter sich ließ und – schweren Herzens – seine neue Heimat verließ. Und auch sein Arbeitgeber musste hinnehmen, dass er einen tüchtigen Mitarbeiter verlor, nur weil die Behörde und der Landrat nicht bereit waren, einem Mann, der dem Staat kaum zur Last gefallen war und der seit Jahren Steuern zahlte, als Ausnahme von der Regel eine Reiseerlaubnis für einige Wochen zu bewilligen, um Frau und Tochter in Äthiopien zu besuchen. Vielleicht wird man Jahre später diese Entscheidung des Kreises mal als Verstoß gegen das Gebot der Menschlichkeit einstufen.

Wie die Geschichte weiterging? Unser Mann scheiterte. Er fand in Frankfurt keine Wohnung. Er fand in Frankfurt keine Arbeit. Er kam gar nicht dazu, herauszufinden, ob die Ausländer-Behörde dort anders entschieden hätte als die hiesige. Er kam zurück. Gut, dass sein früherer Arbeitgeber ihn wieder einstellte. Eine Wohnung sucht er nach wie vor. Aber vor allem nagt der Kummer an ihm, dass er Frau und Tochter im Bürgerkriegsland weiß und nicht helfen kann. Das alles interessiert die Behörde nicht.

Nun hoffen wir, dass die angehende Regierung mit vielen Härten der Asylpolitik aufräumt. Alle drei Parteien wollen ja eine humanere, pragmatische Politik. Sie wollen einen „Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik gestalten“, einen „Paradigmenwechsel“, schreibt die angehende Regierung. Wir hoffen, dass die Benachteiligung von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz beendet wird und dass in Fällen wie dem von Buruk nicht weiter so repressiv vorgegangen wird wie im „gelobten Land“.

V.i.s.d.P.: Michael Haberkamp, Dez. 2021

Vorsitzender der Masdascher Flüchtlingshilfe