Das große Ereignis liegt nun schon bald wieder eine Woche zurück: Die Feier des 8. Jahrestages der Gründung unserer Flüchtlingshilfe. Vor 8 Jahren, im August 2014, gab es ein erstes Treffen von Interessierten, das wir heute als Gründungsdatum ansehen. Wer hätte damals gedacht, dass wir uns 8 Jahre später immer noch um die Geflüchteten kümmern würden? Aber inzwischen sind ja aus den Fremden oft Freunde geworden. Das ist eine gute Entwicklung. Und gut ist auch die Entwicklung, die die meisten unserer Schutzbefohlenen in diesen Jahren hinter sich haben. Fast alle „unserer“ Leute haben inzwischen ganz gut Deutsch gelernt. Fast alle haben inzwischen einen Job gefunden, der sie unabhängig macht von dem Unterhalt durch das Jobcenter. Und mit fast allen von ihnen haben wir noch immer Kontakt, zum Teil sogar engen Kontakt. Und alle Mitstreiter dürfen sich schon mal selbst auf die Schulter klopfen in dem Bewusstsein, dass alle mit dazu beigetragen haben, dass diese Menschen aus aller Herren Ländern inzwischen hier Fuß gefasst haben und immer besser alleine zurechtkommen. Das war (und ist) ein wichtiges und gutes Engagement! Es ist das Ziel unseres Vereins, uns überflüssig zu machen. Wenn wir nicht mehr gebraucht werden, ist das Ziel des Vereins erreicht. Aber bis zum nächsten Jahr werden wir dann doch noch nicht überflüssig sein, das würde uns überraschen.

Wir hatten darauf gehofft und sind erfreut darüber, dass die neue Bundesregierung im Juli 2022 das Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge reformiert hat. Mit dem sog. Chancen-Aufenthaltsrecht soll die bisherige Praxis der Kettenduldungen beendet werden. Geflüchtete können auf diese Weise leichter ein dauerhaftes Bleiberecht erlangen. Durch eine einjährige Aufenthaltserlaubnis soll den langjährig Geduldeten die Möglichkeit gegeben werden, die notwendigen Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland zu erfüllen. Damit wird die bisherige Praxis der Kettenduldungen beendet, die für die Betroffenen ebenso wie für die Behörden eine große Belastung darstellte. Voraussetzung für das Bleiberecht sind Nachweise über die Lebensunterhaltssicherung durch eine Erwerbstätigkeit, gute Kenntnisse der deutschen Sprache und den Erwerb eines Identitätsnachweises.

Nach wie vor ist eines der großen Probleme insbesondere für unsere Schutzbefohlenen aus Eritrea das der Beschaffung von National-Pässen. Fast alle Eritreer haben in den Jahren 2015 und folgende „nur“ subsidiären Schutz“ erhalten. Das bedeutet, dass sie nicht als Flüchtlinge anerkannt sind und nur eingeschränkte Rechte genießen. So können sie einen Reiseausweis für Flüchtlinge nur bekommen, wenn sie einen Nationalpass vorlegen. Um den zu bekommen, müssen sie die eritreische Botschaft aufsuchen. Dort müssen sie ein sog. „Reue-Bekenntnis“ ablegen, in dem sie zu Protokoll geben, dass es ein Fehler war, ihr Heimatland zu verlassen, und in dem sie den Diktator ihrer Loyalität versichern. Außerdem müssen sie sich dann verpflichten, eine sog. Aufbau-Steuer zu entrichten und schließlich müssen sie viel Geld für den Pass zahlen, der dann nur 2 Jahre gilt. Viele Eritreer weigern sich daher, die Botschaft von Eritrea zu betreten. Sie fürchten auch, dass sonst der Geheimdienst auf sie aufmerksam wird, und dass dann ihre Verwandten in Eritrea unter Repressionen zu leiden haben. An dieser Misere hat sich bis heute nichts geändert. Die Regierung unterstützt auf diese Weise die Diktatur in Eritrea, die der von Nordkorea in nichts nachtsteht. Und die eritreischen Männer, die Frau und Kinder in Äthiopien oder im Sudan haben, können diese seit Jahren nicht besuchen. Wir haben mehrere Fälle, wo unsere Schutzbefohlenen Kinder im Alter von 8 oder 9 Jahren haben, die sie noch nie gesehen haben, die sie aber auch nicht besuchen können.

Im Übrigen besteht die Arbeit der Unterstützer und Helfer der Masdascher Flüchtlingshilfe inzwischen vor allem aus Büroarbeit am Computer. Seit ihrer Ankunft erledigen Helfer die Korrespondenz der Flüchtlinge mit den Ämtern. Denn die Betroffenen können die Briefe, die sie erhalten, nicht lesen, auch nicht, wenn sie sprachlich das Niveau B2 erreicht haben. So kommen fast alle Briefe, die das Jobcenter versendet oder die Kreisverwaltung verschickt, erst mal zu uns. Wir beantworten die Briefe und informieren die Betroffenen, worum es dabei geht. Das ist viel Arbeit. Wer aber einmal einen Antrag des Jobcenters auf Zuwendungen in der Hand gehabt hat, versteht, warum unsere Leute diese Papiere nicht bearbeiten können. Beispielweise werden die Antragsteller gefragt, ob sie einer Haushaltsgemeinsaft angehören oder eine Bedarfsgemeinschaft oder einer Verantwortungsgemeinschaft oder einer Wohngemeinschaft oder einer Lebensgemeinschaft oder einer Erziehungsgemeinschaft oder einer Hausgemeinschaft oder einer Begegnungsgemeinschaft oder einer Beistandsgemeinschaft oder … Auch deutsche Antragsteller sehen sich oft außerstande, diese Formulare auszufüllen. Dass man beim Antrag für die Steuerabrechnung Hilfe braucht, ist auch für Deutsche schon selbstverständlich geworden, für Flüchtlinge mit eingeschränkten Sprachkenntnissen erst recht.

Auch wenn sich das gerade genannte Beispiel vielleicht abschreckend anhört, so ist die Arbeit als Flüchtlingshelfer trotzdem schön, vor allem aber sinnvoll. Manchmal geht es auch darum, mit einer Mutter die Schulsachen einzukaufen, die das Kind für den ersten Tag in der Schule braucht. Es geht auch darum, einen betrügerischen Vertrag rückgängig zu machen, den einer unserer Schutzbefohlenen irrtümlich am Telefon abgeschlossen hat. Es geht auch darum, mit dem Chef eines Unternehmens über eine Gehaltserhöhung unseres Schützlings zu reden. Oder es geht darum, zu helfen, wenn ein Verwandter zum Beispiel im Sudan als Geisel genommen wurde und Lösegeld erpresst wird. Für all das ist die Masdascher Flüchtlingshilfe Ansprechpartner. Wollen Sie mitmachen?

V.i.S.d.P.: Michael Haberkamp, Vorsitzender

Im August 2022